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Der unentbehrliche Kollege

„Schön, dass Du das machst“

Stefan sitzt meist bis in den Abend hinein am Schreibtisch. Er ist motiviert und fleissig und übernimmt so viele Aufgaben, dass es ihm schwer fällt, sich Zeit für einen Urlaub zu nehmen. Fährt er dann doch weg und die Kollegen schaffen es irgendwie ihn zu vertreten scheint Stefan nach seiner Rückkehr darüber nicht nur erleichtert, sondern auch ein wenig enttäuscht: „Ich sehe schon,“ sagt er dann, „ihr kommt gut ohne mich aus. Ihr braucht mich gar nicht.“

wer kollegen hat braucht keine feindeSo ein Stefan sitzt in fast jedem Büro. Immer bemüht, neigt er dazu, sich unentbehrlich zu machen. Den Kollegen kommt sein Eifer natürlich gelegen. Stefan bürdet sich alles auf, denn nur wenn er viel leistet fühlt Stefan sich gut. Aber warum?

Schon Kleinkinder geniessen es wenn sie sich nützlich machen können – als Herdentier ist der Mensch vermutlich von Natur aus bestrebt zum Wohlergehen der Gruppe beizutragen. Gerade dadurch dass schon Kinder die Erfahrung machen oft nur bei Leistung besonders viel Aufmerksamkeit, Anerkennung und Lob zu bekommen, wird auch im Erwachsenen-Alter überwiegend durch Leistung versucht Anerkennung zu erhalten.

Dadurch kann eine gefährliche Abhängigkeit von Lob und Anerkennung von aussen entstehen. Mangelnde Anerkennung durch den Vorgesetzten gilt als häufiger Grund für ein Burnout. In einer Umfrage gaben über 60% der Befragten an, dass sie nie oder nur selten Anerkennung für ihre Arbeit bekämen. Einer Studie zu folge fühlen sich rund ein Drittel der Beschäftigten nicht ausreichend wertgeschätzt und entlohnt.

So hilfreich Anerkennung wirkt – sie allein kann einen tief empfundenen Mangel nicht beheben. Denn die Anerkennung dient der Leistung – nicht der Person. Wonach wir uns noch viel mehr sehnen ist etwas anderes – Beachtung und Wertschätzung unserer Person. „Wie schön dass es Dich gibt“ – wann immer ein Baby diese Botschaft in den Augen der Eltern lesen kann, wird dieses Grundbedürfnis gestillt. Ein Kind das um seiner selbst willen beachtet wird, lernt, sich selbst zu achten.

Hat es im frühen Leben an dieser Art der Beachtung gefehlt, kann das Streben nach Anerkennung durch Leistung ein Ersatz dafür sein – ich leiste also bin ich. Daraus kann die Neigung erwachsen – sich zu Tode zu arbeiten, um sich eine Daseinsberechtigung zu verdienen. Darum kann es aber im Leben nicht gehen, denn unser Dasein wurde uns geschenkt. Und Anerkennung dürfen wir uns selbst zollen. Das ist der erste Schritt heraus aus der Anerkennungsfalle.

23.06.2011